Mietrecht

Neues zum Mietrecht: Eigenbedarfskündigung kann an existentiellen gesundheitlichen Gefahren des Mieters scheitern

Das AG München hatte darüber zu entscheiden, ob eine Kündigung wegen Eigenbedarfs dann unwirksam ist, wenn sich der Gesundheitszustand des Mieters durch den Umzug erheblich verschlechtern würde. (Urteil vom 28.09.2017 (Berufung wurde zurückgenommen), Aktenzeichen: 433 C 10588/17)

Das AG München hat im Ergebnis der Beklagten Recht gegeben und die Klage auf Räumung und Herausgabe der Wohnung abgewiesen.

Nach Auffassung des Amtsgerichts hat die Zeugin glaubhaft angegeben, dass ihre Eltern die Wohnung gekauft hatten, um ihr einen guten Start in das Studium zu ermöglichen. Die Tatsache, dass die Zeugin die streitgegenständliche Wohnung nicht selbst angesehen habe, erstaune zwar, sei aber für das Amtsgericht nach der Erklärung der Zeugin, dass sich keine Gelegenheit dazu ergab und dass ihr Vertrauen in ihre Eltern so hoch sei, dass sie auf jeden Fall in eine von ihnen für sie ausgewählte Wohnung ziehen würde, zumindest nachvollziehbar. Nach diesseitigem Verständnis ist es nicht erforderlich eine Wohnung selbst in Augenschein zu nehmen, die von den Eltern erworben wurde, um darin wohnen zu wollen.

Trotz der wirksamen Eigenbedarfskündigung sei das Mietverhältnis jedoch aufgrund des Antrags der Beklagten gemäß §§ 574 Abs. 1, 574a Abs. 1, 2 BGB auf unbestimmte Zeit fortzusetzen. Die Beendigung des Mietverhältnisses bedeutet nach Ansicht des Amtsgerichts für die Beklagte eine unzumutbare Härte, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen der Kläger nicht zu rechtfertigen sei. Die Beklagte sei räumungsunfähig. Eine Räumungsunfähigkeit liege vor, wenn der Mieter auf Grund seines körperlichen oder geistigen Zustands nicht in der Lage sei, eine Ersatzwohnung zu finden und dorthin umzuziehen oder wenn der Gesundheitszustand oder die allgemeine Lebenssituation des Mieters durch den Umzug erheblich verschlechtert würden, wobei bereits die ernsthafte Gefahr einer erheblichen gesundheitlichen Verschlechterung die Annahme einer unzumutbaren Härte rechtfertigen könne. Dass die seit Jahren bestehenden psychischen Krankheiten der Beklagten während der Zeit, in der sie zur Verhinderung eines Suizids in eine Klinik eingewiesen sei, geheilt werden könnten, hält das Amtsgericht für ausgeschlossen, nachdem in den letzten neun Jahren trotz diverser Therapien stabile Phasen nur in äußerst überschaubaren Zeiträumen eingetreten seien, wie der Zeuge geschildert habe und nachdem der Zeuge die Erfolgsaussichten einer einjährigen verhaltenstherapeutischen Behandlung prognostisch eher zurückhaltend eingestuft habe. Der aus Sicht des Amtsgerichts entscheidende Unterschied zwischen der Tochter der Kläger und der Beklagten sei, dass die 21-jährige Tochter der Kläger keine psychischen Krankheiten habe und sie gerade am Anfang ihres Studienlebens stehe, das für gesunde Menschen vielfältige Möglichkeiten biete. Das Interesse der Kläger an der Erlangung der Wohnung müsse daher gegenüber dem Interesse der Beklagten am Erhalt der Wohnung, der maßgeblich dafür sei, dass sich ihre Gesundheit nicht wegen eines Umzuges weiter verschlechtert, zurücktreten.

Das Urteil ist nach Rücknahme der Berufung seit 18.12.2018 rechtskräftig. Der vom Berufungsgericht beauftragte (weitere) psychiatrische Sachverständige hatte die erstinstanzliche Einschätzung des behandelnden Kollegen bestätigt.
Hier wäre ein höchstrichterliche Klärung wünschenswert gewesen, um feststellen und ggf. konkretisieren zu lassen, wann die Kriterien für eine Räumungsunfähigkeit vorliegt. Aktuell muss man nunmehr davon ausgehen, dass mitunter eine berechtigte Kündigung nicht durchgreift.

Den Link zur Entscheidung finden Sie hier: https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA190200290&wt_mc=pushservice&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp


Neues zum Mietrecht: Verdacht des Handelns mit Rauschgift rechtfertigt Kündigung des Mietverhältnisses

Das AG Frankfurt hatte darüber zu entscheiden, ob die Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses wegen des Verdachts des Handeltreibens mit Rauschgift gerechtfertigt ist. (Amtsgericht Frankfurt, Aktenzeichen: 33 C 2815/18 (51), 33 C 2802/18 (50), Entscheidung vom 08.02.2019)

Das AG Frankfurt hat entschieden, das die Kündigung der Mietverhältnisse gerechtfertigt war.

Nach Auffassung des Amtsgerichts steht es zwar grundsätzlich dem Mieter frei, die von ihm angemieteten Räume vertragsgemäß zu nutzen. Strafrechtlich relevante Verhaltensweisen, die auch eine Vertragspflichtverletzung darstellen könnten, rechtfertigten eine Kündigung des Mietvertrages nur dann, wenn dies mit einer Außenwirkung verbunden sei. Solange der Mieter den Bereich seiner Wohnung nicht verlasse und deren Bestand durch die Nutzung nicht gefährdet sei, verbiete sich eine pauschale Betrachtung und die Umstände des Einzelfalls seien maßgeblich.

Liegen jedoch Indizien vor, die den Rückschluss auf ein Handeltreiben mit Rauschgift aus der Wohnung heraus zulassen, sei dies von der Nutzung der Wohnung nicht mehr gedeckt und stelle eine Verletzung der vertraglichen Pflichten dar. Herangezogen werden könnten im Regelfall das Auffinden von Rauschgift in einer den Eigenbedarf übersteigenden Menge. Auch Waffen und größere Geldbeträge seien geeignet, den Verdacht zu begründen. In einem so gelagerten Fall hafte der Mieter auch für das Verhalten von Mitbewohnern.
Den Link zur Entscheidung finden Sie hier: https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA190200295&wt_mc=pushservice&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp


Fristlose Kündigung eines Mietvertrags bei schweren Pflichtverletzungen

Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass schwere Pflichtverletzungen des Sohnes eines Mieters dem Mieter nicht per se zugerechnet werden können und allein keine fristlose Kündigung rechtfertigen. (Entscheidung vom 11.September 2018, Akteneichen: 2 U 55/18)

Zugleich tragen verbale Entgleisungen der Anwältin der Mietpartei eine fristlose Kündigung erst, wenn der Mieter sie sich zu Eigen mache, so das Oberlandesgericht.

Die Vorinstanz, das LandgerichtLimburg hatte die außerordentliche Kündigung für unwirksam erachtet, die Mieterin aber wegen der wirksamen ordentlichen Kündigung zur Räumung und Herausgabe zum 31.08.2018 verurteilt.

Das OLG Frankfurt hat das Urteil des Landgerichts bestätigt.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts liegt trotz der Vielzahl der Vorfälle bei einer wertenden Gesamtschau und im Hinblick auf das wirksame Ende des Mietvertrages jedenfalls zum 31.08.2018 kein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung vor. Dabei müsse „der Schweregrad der Pflichtverletzungen unter Prüfung aller Umstände des Einzelfalles berücksichtigt“ werden. Das Aufstellen von Überwachungskameras sei zwar ein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Die Vermieterin habe jedoch ihrerseits ebenfalls Kameras aufgestellt. Sie könne sich angesichts des angespannten Mietverhältnisses nicht darauf berufen, dass für ihre Kameras ein sachlicher Grund vorgelegen habe, nicht jedoch für die der Mieterin. Dass der Sohn der Mieterin eine Überwachungskamera der Vermieterin zertrümmert habe und es zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen den Söhnen der Mietparteien gekommen sei, rechtfertige ebenfalls nicht die fristlose Kündigung. Das Verhalten ihres Sohnes könne der Mieterin nicht „per se“ zugerechnet werden. Die Vermieterin hätte die Mieterin vielmehr zuvor abmahnen müssen, bevor sie darauf eine Kündigung stütze. Schließlich ergebe sich auch aus der Strafanzeige der Anwältin der Mieterin kein Grund zur außerordentlichen Kündigung. Äußerungen in einer Strafanzeige unterfielen grundsätzlich dem Recht auf freie Meinungsäußerung. Dies umfasse auch „pointierte, polemische oder überspitzte Kritik“. Erst Schmähkritik sei die Grenze. Die Erwähnung der Herkunft der Familie der Vermieterin habe sich bei der erforderlichen Kontextanalyse zwar als „fremdenfeindlich erscheinende(n) Entgleisung“ dargestellt. Es sei jedoch nicht feststellbar, dass sich die Mieterin diese Bewertung ihre Anwältin zu eigen gemacht habe. Im Hinblick auf das ohnehin zu Ende Mai 2018 wirksam beendete Mietverhältnis sei auch kein überwiegendes Interesses an der sofortigen Beendigung feststellbar.

Das Urteil ist zumindest dahingehend zweifelhaft, dass es außer Acht lässt, dass mitunter doch eine Gesamtbetrachtung notwendig ist, verbunden mit der Dauer und der Schwere der Ereignisse und die damit verbundene Einwirkung auf das Mietverhältnis und die Zumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag.

Die Entscheidung finde Sie hier: https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA181103441&wt_mc=pushservice&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp


BGH zum Thema Hausmusik

Der BGH hatte zu entscheiden, ob Nachbarn in einem Reihenhaus das Musizieren mit der Trompete in der Wohnung nebenan bis zu einem bestimmten Maß hinnehmen müssen. (Entscheidung vom 26.Oktober 2018, Aktenzeichen: V ZR 143/17)

Ja, sagt der BGH und führt dabei noch an, dass eine ausgewogene zeitliche Begrenzung gefunden werden muss, die als groben Richtwert, zwei bis drei Stunden an Wochentagen und ein bis zwei Stunden an Sonn- und Feiertagen beinhalten könne, so der BGH.

Das Landgericht habe bei einem richterlichen Ortstermin festgestellt, dass das Trompetenspiel des Beklagten im Dachgeschoss im Wohnzimmer der Kläger (Erdgeschoss) nicht und in deren Schlafzimmer (Dachgeschoss) nur leise zu hören sei, während das Trompetenspiel im Wohnzimmer (Erdgeschoss) im angrenzenden Wohnzimmer der Kläger als „schwache Zimmerlautstärke“ zu vernehmen sei. Im Ausgangspunkt stehe den Klägern als Nießbrauchern eines Hauses gegenüber dem Nachbarn, der sie durch Geräuschimmissionen stört, grundsätzlich ein Unterlassungsanspruch zu. Der Abwehranspruch sei jedoch ausgeschlossen, wenn die mit dem Musizieren verbundenen Beeinträchtigungen nur unwesentlich seien. Das sei anzunehmen, wenn sie in dem Haus der Kläger nach dem Empfinden eines „verständigen Durchschnittsmenschen“ nicht als wesentliche Beeinträchtigung einzuordnen seien; die Grenze der im Einzelfall zumutbaren Lärmbelästigung könne nur auf Grund wertender Beurteilung festgesetzt werden. Insoweit habe das Landgericht einen zu strengen Maßstab zugrunde gelegt. Das häusliche Musizieren einschließlich des dazugehörigen Übens gehöre zu den sozialadäquaten und üblichen Formen der Freizeitbeschäftigung und sei aus der maßgeblichen Sicht eines „verständigen Durchschnittsmenschen“ in gewissen Grenzen hinzunehmen, weil es einen wesentlichen Teil des Lebensinhaltes bilden und von erheblicher Bedeutung für die Lebensfreude und das Gefühlsleben sein könne; es gehöre – wie viele andere übliche Freizeitbeschäftigungen – zu der grundrechtlich geschützten freien Entfaltung der Persönlichkeit. Andererseits solle auch dem Nachbarn die eigene Wohnung die Möglichkeit zur Entspannung und Erholung und zu häuslicher Arbeit eröffnen, mithin auch die dazu jeweils notwendige, von Umweltgeräuschen möglichst ungestörte Ruhe bieten. Ein Ausgleich der widerstreitenden nachbarlichen Interessen könne im Ergebnis nur durch eine ausgewogene zeitliche Begrenzung des Musizierens herbeigeführt werden. Dabei habe ein Berufsmusiker, der sein Instrument im häuslichen Bereich spiele, nicht mehr, aber auch nicht weniger Rechte als ein Hobbymusiker und umgekehrt. Wie die zeitliche Regelung im Einzelnen auszusehen habe, richte sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere dem Ausmaß der Geräuscheinwirkung, der Art des Musizierens und den örtlichen Gegebenheiten; eine Beschränkung auf zwei bis drei Stunden an Werktagen und ein bis zwei Stunden an Sonn- und Feiertagen, jeweils unter Einhaltung der üblichen Ruhezeiten in der Mittags- und Nachtzeit, könne als grober Richtwert dienen. Die örtlichen Gegebenheiten seien ebenfalls von Bedeutung. Könnten die Geräuscheinwirkungen erheblich verringert werden, indem in geeigneten Nebenräumen musiziert werde, könne es aufgrund nachbarlicher Rücksichtnahme geboten sein, das Musizieren in den Hauptwohnräumen zeitlich stärker einzuschränken; das gelte insbesondere dann, wenn auf Seiten des Nachbarn besondere Umstände wie eine ernsthafte Erkrankung eine gesteigerte Rücksichtnahme erforderten. Das Musizieren in den Hauptwohnräumen des Hauses könne aber nicht gänzlich untersagt werden. Auch die zeitlich begrenzte Erteilung von Musikunterricht könne je nach Ausmaß der Störung noch als sozialadäquat anzusehen sein. Die Festlegung der einzuhaltenden Ruhezeiten müsse sich an den üblichen Ruhezeiten orientieren; im Einzelnen hätten die Gerichte einen gewissen Gestaltungsspielraum. Ein nahezu vollständiger Ausschluss für die Abendstunden und das Wochenende, wie ihn das Berufungsgericht vorgesehen habe, komme jedoch nicht in Betracht. Dies ließe nämlich außer Acht, dass Berufstätige, aber auch Schüler häufig gerade abends und am Wochenende Zeit für das Musizieren fänden.
Nach alledem werde hier das Trompetenspiel im Dachgeschoss, das nach den Feststellungen des Landgerichts ausschließlich im Schlafzimmer der Kläger leise zu vernehmen sei, zur Mittags- und Nachtzeit als wesentlich, zu den übrigen Zeiten aber jedenfalls für etwa drei Stunden werktäglich (und eine entsprechend geringere Zeitspanne an Sonn- und Feiertagen) als unwesentlich anzusehen sein. Dann stünden dem Beklagten zu 1 im Dachgeschoss relativ großzügige Zeiträume zur Verfügung; infolgedessen könnte das Trompetenspiel in den Haupträumen engeren zeitlichen Grenzen unterworfen werden. Jedenfalls insgesamt sollte das tägliche Musizieren in dem Haus etwa drei Stunden werktags (und eine entsprechend geringere Zeitspanne an Sonn- und Feiertagen) nicht überschreiten. Entstünden durch den Musikunterricht lautere oder lästigere Einwirkungen und damit eine stärkere Beeinträchtigung der Kläger, müsse dieser ggf. auf wenige Stunden wöchentlich beschränkt werden; sofern sich das Dachgeschoss zu der Unterrichtserteilung eigne, könnte das Landgericht vorgeben, dass der Unterricht nur dort stattfinden dürfe. Die Sache sei hinsichtlich der Berufung des Beklagten zu 1 an das Landgericht zurückzuverweisen gewesen, damit es Feststellungen dazu treffe, welche Störungen durch den Musikunterricht entstünden, und damit es die Zeiten, zu denen musiziert werden dürfe, abschließend festlegen könne.

Die Entscheidung ist nicht nur für Musikfreunde interessant, sondern kann auch als Auslegung für anderen „Lärm“ herangezogen werden.

Den Link finden Sie hier: https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA181003200&wt_mc=pushservice&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp


Keine Schönheitsreparaturen bei unrenoviert übergebener Wohnung trotz „Renovierungsvereinbarung“

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass die formularmäßige Übertragung der Schönheitsreparaturen bei unrenoviert übergebener Wohnung auch bei „Renovierungsvereinbarung“ zwischen Mieter und Vormieter unwirksam ist. (BGH, Entscheidung vom 22.08.2018, Aktenzeichen: VIII ZR 277/16)

Nach Auffassung des BGH ist eine Formularklausel, die dem Mieter einer unrenoviert oder renovierungsbedürftig übergebenen Wohnung die Schönheitsreparaturen ohne angemessenen Ausgleich auferlegt auch dann unwirksam, wenn der Mieter sich durch zweiseitige Vereinbarung gegenüber dem Vormieter verpflichtet hat, Renovierungsarbeiten in der Wohnung vorzunehmen.

Nach der Rechtsprechung des BGH halte die formularvertragliche Überwälzung der nach der gesetzlichen Regelung (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB) den Vermieter treffenden Verpflichtung zur Vornahme laufender Schönheitsreparaturen im Falle einer dem Mieter unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassenen Wohnung der Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht stand, sofern der Vermieter dem Mieter keinen angemessenen Ausgleich gewähre, der ihn so stelle, als habe der Vermieter ihm eine renovierte Wohnung überlassen. Denn eine solche Vornahmeklausel verpflichte den Mieter zur Beseitigung sämtlicher Gebrauchsspuren des Vormieters und führe dazu, dass der Mieter die Wohnung vorzeitig renovieren oder ggf. in einem besseren Zustand zurückgeben müsse, als er sie selbst vom Vermieter erhalten habe.

Diese Grundsätze blieben auch dann anwendbar, wenn der betreffende Mieter sich wie hier durch zweiseitige Vereinbarung gegenüber seinem Vormieter zur Vornahme von Renovierungsarbeiten in der Mietwohnung verpflichtet habe. Denn eine derartige Vereinbarung sei in ihren Wirkungen von vornherein auf die sie treffenden Parteien, also den Mieter und den Vormieter, beschränkt. Sie vermag deshalb keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der im Mietvertrag zwischen Vermieter und neuem Mieter enthaltenen Verpflichtungen zu nehmen; insbesondere nicht dergestalt, dass der Vermieter so gestellt würde, als hätte er dem neuen Mieter eine renovierte Wohnung übergeben.

Die Entscheidung finden Sie hier:

https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA180802543&wt_mc=pushservice&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp


fristlose Kündigung auch bei Störung des Hausfriedens?

Das Amtsgericht in München hat entschieden, dass einer Mieterin, die ihre Mitbewohner regelmäßig beschimpft und tyrannisiert, wegen dauerhafter Störung des Hausfriedens fristlos gekündigt werden kann. (Entscheidung vom 14.September 2017, Aktenzeichen: 418 C 6420/17)

Das AG München hat der Klägerin Recht gegeben und die Mieterin zur Räumung ihrer im ersten Stock gelegenen Einzimmerwohnung verurteilt aufgrund der fristlosen Kündigung wegen Störung des Hausfriedens.

Das Amtsgericht ist davon überzeugt, dass die Beklagte am 19.06.2016 den Fußabstreifer vor der Wohnungstür der Nachbarin entwendet hat. Der Diebstahl zum Nachteil einer Nachbarin sei eine Straftat und damit zugleich eine Vertragsverletzung. Weiter steht für das Amtsgericht fest, dass die Beklagte am 25.11.2016 die Zeugin mit einem Schimpfwort beschimpft hat. Die Zeugin war sich sicher, dassß sie von der Beklagten beleidigt wurde, sie wusste aber nicht mehr genau, ob sie mit den Worten Arschloch oder Hure beleidigt worden ist. Damit habe die Beklagte eine Vertragsverletzung begangen, da eine Straftat zum Nachteil einer Nachbarin vorliege. Auch dies wäre bereits allein ein Kündigungsgrund. Aufgrund der Beweisaufnahme stehe ferner fest, dass die Beklagte am 16.08.2016, als die Nachbarinnen auf der Terrasse  saßen, von ihrer darüber liegenden Wohnung eimerweise Wasser auf die Terrasse geschüttet habe und dann die Polizei gerufen habe. Dies haben beide Zeuginnen glaubwürdig ausgesagt. Auch dies stelle eine Vertragsverletzung durch die Beklagte dar. Zudem stehe aufgrund der Aussage der Zeugen fest, daß die Beklagte regelmäßig die Hauseingangstür offenstehen lasse und regelmäßig die Kellerlichte angeschaltet habe. Damit verstoße die Beklagte gegen die Hausordnung, in der geregelt sei, dass die Hauseingangstüre stets geschlossen zu halten sei und auf einen sparsamen Umgang mit Energie zu achten sei.

Die Notwendigkeit einer Fristsetzung oder Abmahnung entfalle hier bereits deshalb, da diese offensichtlich keinen Erfolg verspreche. Durch die zahlreichen Vertragsverstöße und das massive Fehlverhalten der Beklagten sei die Vertrauensgrundlage zwischen den Parteien so schwerwiegend erschüttert worden, dass sie auch durch eine Abmahnung nicht wieder hergestellt werden könnte. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte sich für die teilweise strafrechtlich relevanten Vertragsverletzungen auch nicht entschuldigt habe.

Die Entscheidung ist rechtskräftig, weil die Berufung zurückgenommen wurde. Die Entscheidung finden Sie hier: https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA180300828&wt_mc=pushservice&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp


BGH hat über den Geltungsbereich des § 577a BGB zu entscheiden gehabt

Der BGH hat entschieden, dass der in § 577a BGB vorgesehene Schutz des Mieters beim Erwerb vermieteten Wohnraums durch Personengesellschaften unabhängig davon gilt, ob Wohnungseigentum begründet wird oder werden soll (Entscheidung vom 21.März 2018, Aktenzeichen:VIII ZR 104/17).

Der Bundesgerichtshof hat seine Entscheidung recht ausführlich begründet und die Vorinstanzen bestätigt.

Die auf Räumung und Herausgabe der Wohnung gerichtete Klage hatte schon deshalb keinen Erfolg, weil die Klägerin die Kündigungssperrfrist des § 577a Abs. 1 BGB nicht eingehalten hatte.

Der BGH hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen und entschieden, dass die Kündigungsbeschränkung nach § 577a Abs. 1 i.V.m. Abs. 1a Satz 1 BGB nicht erfordert, dass über die im Tatbestand dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen – hier die Veräußerung des vermieteten Wohnraums an eine Personengesellschaft nach Überlassung an den Mieter – hinaus zumindest die Absicht des Erwerbers besteht, den vermieteten Wohnraum in Wohnungseigentum umzuwandeln.

Nach Auffassung des BGH ist es vorliegend der Klägerin als Gesellschaft bürgerlichen Rechts zwar an sich möglich, sich im Anschluss an ihren Eintritt in den Mietvertrag in entsprechender Anwendung des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB auf einen Eigenbedarf ihres Gesellschafters zu berufen (vgl. hierzu Senatsurteil vom 14.12.2016 – VIII ZR 232/15). Ob im Streitfall ein solcher Eigenbedarf allerdings – was die Beklagten in Abrede gestellt haben – überhaupt in Betracht komme, habe das Berufungsgericht offen lassen können, da die von der Klägerin im Mai 2015 ausgesprochene Kündigung bereits wegen Nichtbeachtung der Sperrfrist nach § 577a Abs. 1 i.V.m. Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 BGB unwirksam war. Denn trotz der Überschrift des § 577a BGB („Kündigungsbeschränkung bei Wohnungsumwandlung“) gelte der darin vorgesehene Schutz des Mieters nach dem Willen des Gesetzgebers beim Erwerb vermieteten Wohnraums durch Personengesellschaften unabhängig davon, ob Wohnungseigentum begründet wird oder werden soll.

Mit der Einführung des § 577a Abs. 1a BGB sei zwar insbesondere beabsichtigt gewesen, die faktische Umgehung des in § 577a Abs. 1 BGB vorgesehenen Kündigungsschutzes bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen nach dem sog. „Münchener Modell“ zu unterbinden. Bei diesem verzichte eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder eine Miteigentümergemeinschaft nach dem Erwerb des mit Mietwohnraum bebauten Grundstücks zunächst auf die Begründung von Wohnungseigentum und den anschließenden Verkauf von Eigentumswohnungen an Interessenten. Stattdessen kündige sie den betreffenden Mietwohnraum wegen Eigenbedarfs ihrer Gesellschafter oder der Miteigentümer und umgehe so die Kündigungssperre des § 577a Abs. 1 BGB. Mit der eingefügten Neuregelung des § 577a Abs. 1a BGB habe der Gesetzgeber jedoch nicht allein Umgehungen der Sperrfrist nach dem „Münchener Modell“ entgegenwirken wollen, sondern ausdrücklich auch etwaigen neuen Umgehungstatbeständen vorbeugen. Deshalb habe er für ein Eingreifen der Sperrfrist jede Veräußerung eines mit Mietwohnraum bebauten Grundstücks an eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder an mehrere Erwerber ausreichen lassen, da sich nach seiner Einschätzung bereits hierdurch das Verdrängungsrisiko für den Mieter erhöht und dieser insoweit eines Schutzes bedürfe.

§ 577a Abs. 1a BGB verstoße auch nicht gegen höherrangiges Verfassungsrecht. Bei ihrer gegenteiligen Auffassung übersehe die Klägerin, dass neben der Rechtsposition des Vermieters auch das vom Vermieter abgeleitete Besitzrecht des Mieters von der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG) geschützt sei. Den insoweit zum Schutz des Mieters erforderlichen Eingriff in die Eigentumsrechte des Vermieters habe der Gesetzgeber mit der Kündigungssperrfrist in § 577a Abs. 1 i.V.m. Abs. 1a Satz 1 BGB dabei auf das erforderliche Maß beschränkt und etwa davon abgesehen, einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts grundsätzlich zu verwehren, sich entsprechend § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB auf den Eigenbedarf eines Gesellschafters zu berufen. Ebenso wenig verletze es das verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG), dass nach § 577a Abs. 1a Satz 1 BGB nur der Erwerb durch eine Personengesellschaft oder -mehrheit, nicht aber durch eine Einzelperson die Sperrfrist auslöse. Denn es liege auf der Hand, dass sich mit jeder weiteren Person, deren Eigenbedarf dem Mieter gegenüber geltend gemacht werden könne, die Wahrscheinlichkeit für den Mieter erhöhe, auch tatsächlich wegen Eigenbedarfs in Anspruch genommen zu werden.

Das Urteil mit Sachverhaltsdarstellung finden Sie hier: https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA180300797&wt_mc=pushservice&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp


Starke Zugluft = Mietminderung?

Über diese Frage hatte das Amtsgericht in Frankfurt zu entscheiden. (Entscheidung vom 18.August 2017; Aktenzeichen: 33 C 1251/17 (76))

Das AG Frankfurt hat in einer mittlerweile rechtskräftigen Entscheidung festgestellt, dass kalte Zugluft in einem neu errichteten Passivhaus einen Mietmangel darstellt, welcher eine Minderung der Miete um 10% rechtfertigt.

Nach Auffassung des Amtsgerichts ist es zwar konstruktionsbedingt so, dass Passivhäusern der Nachteil anhaftet, dass die vorgegebene Raumtemperatur in den jeweiligen Wohnungen nur in einem geringen Maße verändert werden kann. Aufgrund einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung komme es konstruktionsbedingt häufig vor, dass in Räumen Zugluft entstehe. Wie sich aus einem vom Amtsgericht eingeholten Sachverständigengutachten ergebe, werde in der konkreten Wohnung die Zugluft im Winter jedoch stets mit einer zu niedrigen Temperatur eingebracht, so dass die Wohnung nicht mehr angenehm temperiert sei. Auch wenn die Auswirkungen im Sommer geringer seien als im Winter und eine gewisse Zugluft in Passivhäusern konstruktionsbedingt immer gegeben sei, liege konkret jedoch ein Mangel vor, welcher eine Minderung der Miete um 10% für das ganze Jahr rechtfertige.

Die Entscheidung lesen Sie hier: https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA180300635&wt_mc=pushservice&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp


muss der Vermieter eine Frist zur Schadensbeseitigung setzen?

Der BGH hat entschieden, dass ein Schadensersatzanspruch des Vermieters wegen Beschädigung der Mietwohnung keine vorherige Fristsetzung zur Schadensbeseitigung gegenüber dem Mieter erfordert. (Entscheidung vom: 28.Februar 2018, Aktenzeichen: VIII ZR 157/17)

Nach Auffassung des BGH gilt das in § 280 Abs. 1 und 3, § 281 Abs. 1 BGB als Anspruchsvoraussetzung vorgesehene Fristsetzungserfordernis nur für die Nicht- oder Schlechterfüllung von Leistungspflichten (§ 241 Abs. 1 BGB) durch den Schuldner. Als eine derartige Leistungspflicht sei etwa die vom Mieter wirksam aus dem Pflichtenkreis des Vermieters übernommene Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen anzusehen. Im Gegensatz dazu handele es sich bei der Verpflichtung des Mieters, die ihm überlassenen Mieträume in einem dem vertragsgemäßen Gebrauch entsprechenden Zustand zu halten und insbesondere die Räume aufgrund der aus der Besitzübertragung folgenden Obhutspflicht schonend und pfleglich zu behandeln, um eine nicht leistungsbezogene Nebenpflicht (§ 241 Abs. 2 BGB). Deren Verletzung begründe einen Anspruch des Geschädigten auf Schadensersatz (neben der Leistung) bereits bei Vorliegen der in § 280 Abs. 1 BGB genannten Voraussetzungen. Daher könne ein Vermieter bei Beschädigungen der Mietsache vom Mieter gemäß § 249 BGB nach seiner Wahl statt einer Schadensbeseitigung auch sofort Geldersatz verlangen, ohne diesem zuvor eine Frist zur Schadensbehebung gesetzt zu haben.

Die Entscheidung finden Sie hier: https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA180200547&wt_mc=pushservice&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp


mal wieder: Anforderungen an eine Eigenbedarfskündigung

Das Amtsgericht Düsseldorf hat entschieden, dass eine wirksame Eigenbedarfskündigung nur bei hinreichender Angabe der Personen und deren Eigennutzungsinteresse vorliegt. (Entscheidung vom 20.Februar 2018, Aktenzeichen: 25 C 447/16)

Nach Auffassung des Amtsgerichts ist der Vermieter nicht seiner Verpflichtung nachgekommen, die Gründe für das berechtigte Interesse an der Wohnung ausreichend darzulegen. Hierbei handele es sich um eine formelle Anforderung, die bei einer ordentlichen Kündigung Wirksamkeitsvoraussetzung sei. Der Zweck des Begründungserfordernisses bestehe insbesondere darin, dem Mieter zum frühestmöglichen Zeitpunkt Klarheit über seine Rechtsposition zu verschaffen und ihn dadurch in die Lage zu versetzen, rechtzeitig alles Erforderliche zur Wahrung seiner Interessen zu veranlassen. Diesem Zweck komme die Kündigung nur nach, wenn diese konkretisiert werde. Insofern seien bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs grundsätzlich zum einen die Angaben der Person, für die die Wohnung benötigt werde und zum andern die Darlegung des Interesses, das diese Person an der Erlangung der Wohnung habe, darzulegen. Sofern dies nicht erfolge, sei die Kündigung gerade nicht ausreichend begründet.

Allein in der Formulierung, dass das Haus für den Vermieter und seine Kinder zu nutzen sei, liege keine ausreichende Begründung. Es fehle bereits an der Anzahl der Kinder. Es sei somit nicht klar gewesen, wer alles tatsächlich in das Haus einziehen soll. Darüber hinaus wurde in keiner Weise angegeben, inwieweit sich die aktuelle Wohnort- und Arbeitssituation des Vermieters durch den Einzug verbessert bzw. überhaupt ändere. Auch das Einzugsinteresse der Mutter des Vermieters sei nicht ausreichend dargelegt gewesen.

Da diese Voraussetzungen gerade nicht erfüllt waren, sei der pauschale Hinweis auf den Eigenbedarf zur Wirksamkeit der Kündigung nicht ausreichend.

Der Link zur Entscheidung: https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA180200432&wt_mc=pushservice&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp