BGH hat über den Geltungsbereich des § 577a BGB zu entscheiden gehabt

Der BGH hat entschieden, dass der in § 577a BGB vorgesehene Schutz des Mieters beim Erwerb vermieteten Wohnraums durch Personengesellschaften unabhängig davon gilt, ob Wohnungseigentum begründet wird oder werden soll (Entscheidung vom 21.März 2018, Aktenzeichen:VIII ZR 104/17).

Der Bundesgerichtshof hat seine Entscheidung recht ausführlich begründet und die Vorinstanzen bestätigt.

Die auf Räumung und Herausgabe der Wohnung gerichtete Klage hatte schon deshalb keinen Erfolg, weil die Klägerin die Kündigungssperrfrist des § 577a Abs. 1 BGB nicht eingehalten hatte.

Der BGH hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen und entschieden, dass die Kündigungsbeschränkung nach § 577a Abs. 1 i.V.m. Abs. 1a Satz 1 BGB nicht erfordert, dass über die im Tatbestand dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen – hier die Veräußerung des vermieteten Wohnraums an eine Personengesellschaft nach Überlassung an den Mieter – hinaus zumindest die Absicht des Erwerbers besteht, den vermieteten Wohnraum in Wohnungseigentum umzuwandeln.

Nach Auffassung des BGH ist es vorliegend der Klägerin als Gesellschaft bürgerlichen Rechts zwar an sich möglich, sich im Anschluss an ihren Eintritt in den Mietvertrag in entsprechender Anwendung des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB auf einen Eigenbedarf ihres Gesellschafters zu berufen (vgl. hierzu Senatsurteil vom 14.12.2016 – VIII ZR 232/15). Ob im Streitfall ein solcher Eigenbedarf allerdings – was die Beklagten in Abrede gestellt haben – überhaupt in Betracht komme, habe das Berufungsgericht offen lassen können, da die von der Klägerin im Mai 2015 ausgesprochene Kündigung bereits wegen Nichtbeachtung der Sperrfrist nach § 577a Abs. 1 i.V.m. Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 BGB unwirksam war. Denn trotz der Überschrift des § 577a BGB („Kündigungsbeschränkung bei Wohnungsumwandlung“) gelte der darin vorgesehene Schutz des Mieters nach dem Willen des Gesetzgebers beim Erwerb vermieteten Wohnraums durch Personengesellschaften unabhängig davon, ob Wohnungseigentum begründet wird oder werden soll.

Mit der Einführung des § 577a Abs. 1a BGB sei zwar insbesondere beabsichtigt gewesen, die faktische Umgehung des in § 577a Abs. 1 BGB vorgesehenen Kündigungsschutzes bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen nach dem sog. „Münchener Modell“ zu unterbinden. Bei diesem verzichte eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder eine Miteigentümergemeinschaft nach dem Erwerb des mit Mietwohnraum bebauten Grundstücks zunächst auf die Begründung von Wohnungseigentum und den anschließenden Verkauf von Eigentumswohnungen an Interessenten. Stattdessen kündige sie den betreffenden Mietwohnraum wegen Eigenbedarfs ihrer Gesellschafter oder der Miteigentümer und umgehe so die Kündigungssperre des § 577a Abs. 1 BGB. Mit der eingefügten Neuregelung des § 577a Abs. 1a BGB habe der Gesetzgeber jedoch nicht allein Umgehungen der Sperrfrist nach dem „Münchener Modell“ entgegenwirken wollen, sondern ausdrücklich auch etwaigen neuen Umgehungstatbeständen vorbeugen. Deshalb habe er für ein Eingreifen der Sperrfrist jede Veräußerung eines mit Mietwohnraum bebauten Grundstücks an eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder an mehrere Erwerber ausreichen lassen, da sich nach seiner Einschätzung bereits hierdurch das Verdrängungsrisiko für den Mieter erhöht und dieser insoweit eines Schutzes bedürfe.

§ 577a Abs. 1a BGB verstoße auch nicht gegen höherrangiges Verfassungsrecht. Bei ihrer gegenteiligen Auffassung übersehe die Klägerin, dass neben der Rechtsposition des Vermieters auch das vom Vermieter abgeleitete Besitzrecht des Mieters von der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG) geschützt sei. Den insoweit zum Schutz des Mieters erforderlichen Eingriff in die Eigentumsrechte des Vermieters habe der Gesetzgeber mit der Kündigungssperrfrist in § 577a Abs. 1 i.V.m. Abs. 1a Satz 1 BGB dabei auf das erforderliche Maß beschränkt und etwa davon abgesehen, einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts grundsätzlich zu verwehren, sich entsprechend § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB auf den Eigenbedarf eines Gesellschafters zu berufen. Ebenso wenig verletze es das verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG), dass nach § 577a Abs. 1a Satz 1 BGB nur der Erwerb durch eine Personengesellschaft oder -mehrheit, nicht aber durch eine Einzelperson die Sperrfrist auslöse. Denn es liege auf der Hand, dass sich mit jeder weiteren Person, deren Eigenbedarf dem Mieter gegenüber geltend gemacht werden könne, die Wahrscheinlichkeit für den Mieter erhöhe, auch tatsächlich wegen Eigenbedarfs in Anspruch genommen zu werden.

Das Urteil mit Sachverhaltsdarstellung finden Sie hier: https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA180300797&wt_mc=pushservice&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp