Semmelverkauf an Sonn- und Feiertagen: Auch unbelegtes Brötchen ist „zubereitete Speise“

Wie man von der Überschrift Rückschließen kann, ist es kein alltägliches Urteil und auch nicht einfach verständlich. Wenn man sich die nachstehenden Gründe des OLG München einmal durchlesen mag, wird erkennen, wie interessant Recht sein kann.

Das OLG München hat entschieden, dass „zubereitete Speisen“ im Sinne des Gaststättengesetzes auch unbelegte Semmeln, Brezeln und trockenes Brot sein können. Aus diesem Grund kanneine Bäckerei, die in ihrer Filiale auch ein Café mit Sitzmöglichkeiten betreibt, an Sonn- und Feiertagen auch länger als drei Stunden belegte Brezeln und Semmeln verkaufen. (Aktenzeichen: 6 U 2188/18; Entscheidung vom: 14.02.2019)

Das LG München II hatte die Klage auf Unterlassung des Verkaufs von unbelegten Semmeln und Broten an Sonn- und Feiertagen über einen Zeitraum von mehr als drei Stunden abgewiesen, weil es davon ausging, dass die Verkäufe, die der Kläger der Beklagten zur Last legt, durch das Gaststättengesetz gedeckt seien. Danach, d.h. nach der Regelung in § 7 Abs. 2 Nr. 1 des Gaststättengesetzes, dürfe der Schank- oder Speisewirt auch außerhalb der Sperrzeit zum alsbaldigen Verzehr oder Verbrauch zubereitete Speisen, die er in seinem Betrieb verabreiche, an jedermann über die Straße abgeben. Einen Verstoß gegen das Ladenschlussgesetz verneinte das Landgericht.

Das OLG München hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und damit die Entscheidung des LG München II bestätigt.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts stehen dem Kläger keine Unterlassungsansprüche gegen die beklagte Bäckerei zu. Die streitgegenständlichen Verkäufe von unbelegten Brötchen und Broten begründeten keinen Verstoß gegen die Regelungen des Ladenschlussgesetzes (§§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 12 LadSchlG) und der Sonntagsverkaufsverordnung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 SonntVerkV), weil sie nach dem Gaststättengesetz (§ 7 Abs. 2 Nr. 1 GastG) erlaubt seien.

Der Verkauf von Backwaren durch die Beklagte an Sonn- und Feiertagen über einen Zeitraum von mehr als drei Stunden an den genannten Tagen sei zwar unstreitig. Diese Verkäufe seien jedoch durch die Ausnahmeregelung im Gaststättengesetz gedeckt und damit zulässig. Dies deshalb, weil die Beklagte in den jeweiligen Filialen ein Gaststättengewerbe betreibe, da in den Filialen Sitzgelegenheiten vorhanden seien, an denen die Kunden vor Ort Speisen und Getränke zu sich nehmen könnten. Es handle sich um sog. Mischbetriebe aus Ladengeschäft und Cafébetrieb. Dabei komme es auch nicht darauf an, welcher Teil überwiege. Ausreichend sei, dass die Bewirtungsangebote mit Sitzgelegenheiten in Bäckereibetrieben mit angeschlossenen Cafés auch tatsächlich genutzt würden.

Die weiteren Voraussetzungen für die Ausnahmeregelung des Gaststättengesetzes seien zu bejahen. Insbesondere könne sich der Kläger nicht mit Erfolg darauf berufen, dass es sich bei den an der Verkaufstheke verkauften Backwaren nicht um „zubereitete Speisen“ im Sinne des Gaststättengesetzes handeln würde. Denn bei den von der Beklagten hergestellten Brote und Brötchen handele es sich um verzehrfertige Nahrungsmittel, deren Rohstoffe durch den Backvorgang zum Genuss verändert worden seien. Die Brote und Brötchen würden auch im jeweiligen Betrieb der Beklagten verabreicht. Es entspreche der Lebenserfahrung, dass die Gäste eines Cafés mit angeschlossener Bäckerei dort auch unbelegte Brötchen und/oder Brot und sonstige Backwaren bestellen können, etwa im Rahmen eines Frühstücks. Solange es sich bei dem Straßenverkauf nicht um größere Mengen handle, sei davon auszugehen, dass die verkaufte Ware auch zum alsbaldigen Verzehr bzw. Verbrauch bestimmt sei. Der Link zur Entscheidung ist hier: https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA190200337&wt_mc=pushservice&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp